Blogparade #bks11: Digitale Einsamkeit
- Another Night von Federico Boni via Flickr, CC BY-NC-SA 2.0-Lizenz
Lieber P.,
während die anderen hier über Einsamkeit schrieben, hast du mich berührt mit deinen Händen, deinem Mund, deinem Körper. Ich, die ewig Einsame, zweisam, ungläubig, schleichend beseelt. Jetzt bist du fort, ich setze mich an den Schreibtisch, der schwarze Bildschirm spiegelt den fragenden Blick. Wie heißt die Frage? Was war, was wird sein? Ich schalte den Rechner an.
War was? Die Male am Hals sagen mir, dass da was war, sie werden verschwunden sein, bis ich begriffen habe. Was war? Ein Date, eine günstige Gelegenheit, eine flüchtige Begegnung, eine große Illusion? Zwei geschundene Herzen reiben ihre wunden Körper aneinander, Zögern, Angst, Ekel, Hingabe. Dich die Unbegreiflichkeit fahre ich mit meinen Fingerspitzen ab, atme deinen Hals, suche die schwarzen Augen durch die Dunkelheit, sie sind bei mir, wer liegt da neben mir?
Was ich flüstere, als du mich mit Küssen bedeckst? En aquel beso, tu boca en mi boca me sembró el rosal cuyas raíces se comen el corazón. Wie feucht gewordenes Holz beginne ich nur langsam an zu brennen, bis dein Hurrikan mich erstickt. Als er abdreht, fängt der Rest Glut Feuer, doch du siehst es nicht mehr. Schleichst dich durch den Regen raus aus meiner Welt. Begierde gelöscht, es hätte besser sein können, fliegende Nonnen taugen nicht zum Fick auf Knopfdruck.
Vernünftig wie wir sind, haben wir einen Escape-Button vereinbart, den du schon nutzt, während ich noch am Begreifen bin. Heute Nacht wirst du wieder als Schattengestalt durch meine Träume huschen. Und morgen wieder. Wach auf! sag ich mir, du kennst das Lied doch schon. Es wird kein Update geben.
Mein lieber P., das ist das Brennen, von dem ich schrieb. Aber keine Angst, deine treue Followerin wird dich nicht stalken, wird auch keinen Shitstorm auf dich regnen lassen. Sie wird sich im Schlaf wälzen und leise hoffen, dass das Unmögliche möglich wird.
Klartext: Ich vermisse dich und würde am liebsten losrennen zu dir.
Deine Amy
P.S.: Ich bedanke mich bei all meinen digitalen Freunden, die mich halten und mich nicht verbrennen lassen. Bei Horst, dessen Not mir plötzlich so vertraut geworden ist. Bei Hedda, die mich von Zweisamkeit träumen lässt, und Anne-Küchenmarie-Elisabeth, die mir zeigt, dass Beziehungen möglich sind. Bei Fe., weil ich nicht mehr alleine darüber verzweifle, dass das Leben nicht so ist, wie es sein sollte. Bei Papagena-Ulrike, die aus der digitalen Einsamkeit große Kunst schafft. Bei Nik, der noch lernen muss, dass einzelne Socken sich nicht immer wohlfühlen. Bei Mia, die mir zu sagen scheint, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist. Bei allen anderen aus #bks11, die sich noch in die Parade einreihen werden, und auch die, die das nicht tun. Ich bin glücklich, euch alle zu kennen!
P.P.S.: Den Buchstabensog und die Schreibfreiheit nahm ich mir.
Liebe Amy,
es hat etwas Rauschhaftes, wie du die kalte Einsamkeit zwischen Nullen und Einsen zurück in die Welt der Sinne holst. Danke für deine offenen, beinahe schonunglosen und dabei um so mehr berührenden Worte.
lg. mo…
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Liebe Miss Novice,
ich stimme dir da rückhaltlos zu; wir schreiben nicht um zu erklären.
Jede und Jeder liest etwas ganz eigenes in einem anderen Text und genau das soll so sein, alles andere geht in meiner SchreibWelt einfach nicht. und das, was wir lesen, sagt immer mehr über uns aus als über den, der es geschrieben hat …:-)
Liebe Grüße,
Mia
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Pingback: Digitale Einsamkeit – eine Blogparade des #bks11 – Gestrandet zwischen 0 & 1 – Mo…Saiks Runen
Liebe Amy, „zwei geschundene Herzen reiben ihre wunden Körper aneinander“ — überhaupt der ganze fiktive (?) Brief!! So sinnlich und poetisch, so einsam nach der Zweisamkeit, die ja zum größten Teil „Zögern, Angst, Ekel“ ist, und dann doch: „Hingabe“ ist.
Ich auf jeden Fall fühle mich nach der Lektüre eines solchen Textes etwas weniger allein.
Deine Fe.
P.S. Ist dir die wiederholte Namenssychnronizität aufgefallen? Auch in meinen Texten geistert ein P. herum.
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